Multifunktionale Finanzierungen für den Mittelstand

Flexibilität, Innovationsstärke, Mut zur Erschließung globaler Märkte – das sind die Herausforderungen, denen sich mittelständische Betriebe stellen müssen, um im internationalen Wettbewerb ihre Position zu sichern.

Wenn ein Unternehmen schnell und flexibel agieren will, benötigt es Finanzierungsmodelle, die mit geringem Aufwand für den jeweiligen Einsatzzweck optimiert werden können. Finetrading eröffnet als bankenunabhängige und multifunktional anpassbare Finanzierungslösung einen modernen Weg, um mittelständischen Unternehmen im internationalen Geschäft finanziellen Spielraum zu verschaffen. Bei der Einschätzung ihrer Finanzierungssituation sind die Unternehmen in Deutschland in zwei Lager gespalten. Während größere Unternehmen den Zugang zu Fremdkapital überwiegend als problemlos bezeichnen, schätzen mittelständische und kleine Betriebe ihre Situation weitaus weniger optimistisch ein.

Die jüngste Unternehmensbefragung der Förderbank KfW ergab, dass im Kreis der Unternehmen mit bis zu 10 Mio EUR Jahresumsatz 18,5% der befragten Führungskräfte angaben, das Finanzierungklima habe sich verschlechtert. Von einer Verbesserung des Finanzierungsklimas berichteten hingegen nur 10,6% der Unternehmen derselben Größenklasse – und das trotz der seit längerem anhaltenden konjunkturellen Stabilität in Deutschland. Genau umgekehrt war hingegen die Einschätzung bei den größeren Unternehmen: Je größer der Umsatz, umso positiver wurde das Finanzierungsklima wahrgenommen. Viele mittelständische Unternehmen stecken in einem gewissen Dilemma: Auf der einen Seite gilt es, mit zunehmend globalisierten Strategien und dem daraus resultierenden Finanzierungsbedarf im Wettbewerb mit den Großunternehmen zu bestehen, und auf der anderen Seite sind gerade die unteren Segmente des Mittelstands bislang noch überwiegend auf die Hausbank als Finanzierungspartner fixiert. Die Finanzierungsinstrumente der großen Unternehmen – insbesondere der direkte Zugang zum Kapitalmarkt oder sogar die Gründung eigener Finanzierungsinstitute – stehen den kleineren Unternehmen nicht zur Verfügung.

Schneller auf Marktchancen reagieren

Mittelständler stehen damit vor der Herausforderung, den Finanzierungsmix ihres Unternehmens an ein wirtschaftliches Umfeld anzupassen, das geprägt ist von schnellem Wandel und zunehmender Internationalisierung. Im Mittelpunkt steht dabei die Überlegung, wie die klassische Bankfinanzierung mit modernen und flexiblen Finanzierungsinstrumenten ergänzt werden kann, damit auch in finanzieller Hinsicht der notwendige Spielraum für schnelle Entscheidungen erhalten bleibt.

Ein Finanzierungsbaustein, der sich auf unkomplizierte Weise für unterschiedlichste Einsatzzwecke verwenden lässt, ist das bankenunabhängige Finetrading. Im Kern verkörpert Finetrading ein Handelsgeschäft, bei dem der Finetrading-Anbieter die Rolle eines Zwischenhändlers übernimmt. Er erwirbt die Ware vom Lieferanten und verkauft sie direkt an den Abnehmer weiter. Während der Finetrader die Rechnung des Lieferanten sofort begleicht, wird dem Abnehmer ein langfristiges Zahlungsziel gewährt. Im Regelfall kann der Erwerb von Umlaufvermögen bis zu sechs Monate und der Kauf von Investitionsgütern bis zu zwölf Monate lang über Finetrading finanziert werden.

Bankübliche Sicherheiten wie beispielsweise Pfandrechte auf Warenbestände oder Maschinen sind bei einer Finetrading-Finanzierung zumeist nicht vorgesehen. Je nach Bedarf kann Finetrading in zwei Varianten gestaltet werden. Bei der projektbezogenen Finanzierung bezieht sich das Finetrading-Geschäft auf eine einzelne Bestellung wie etwa den Import von 5.000 Smartphones von einem chinesischen Hersteller zum Weiterverkauf in Deutschland. Bei häufig wiederkehrenden Transaktionen kann auch ein Finanzierungsrahmen eingerichtet werden, der ähnlich wie ein Kontokorrentkredit funktioniert.

Import- und Einkaufsfinanzierung als traditionelles Einsatzgebiet für Finetrading

Ein klassisches Gebiet des Finetradings ist die Finanzierung von Importen und größeren Einkäufen – insbesondere dann, wenn die Refinanzierung des Einkaufsvolumens erst in einigen Monaten über die daraus resultierenden Umsatzerlöse geplant ist oder wenn bei Importen aus Fernost mehrwöchige Transportzeiten zu überbrücken sind. Auf diese Weise können Handelsunternehmen ihr Einkaufsvolumen so gestalten, dass sie durch größere Abnahmemengen günstige Konditionen erzielen, und dann die Finetrading-Finanzierung nach und nach mit den Erlösen aus dem Abverkauf zurückführen. Gängig ist auch die Finanzierung von saisonalen Produkten wie etwa Modeartikeln oder Gartenmöbeln, die oftmals mehrere Wochen vor dem Beginn der Verkaufssaison geordert werden.

Auch bei der Finanzierung von Waren wie Ersatzteilen, Rohstoffen oder Saatgut, die bei der traditionellen Bankfinanzierung nur schwer als Sicherheit an die Bank verpfändet werden können, kommt oftmals Finetrading zum Einsatz. Darüber hinaus kann Finetrading auch bei der Finanzierung von Investitionen als Baustein in Betracht kommen. Interessant wird diese Finanzierungsform dann, wenn die Inves- tition vergleichsweise schnellen und hohen Cashflow generiert, über den die Finetrading- Finanzierung innerhalb von zwölf Monaten getilgt werden kann.

Exportfinanzierung: Gesamtpaket anbieten und von externem Know-how profitieren

In jüngster Vergangenheit wurde Finetrading immer häufiger als Instrument für die Exportfinanzierung genutzt. Bei der Abwicklung schlüpft hier der Kunde des exportierenden Unternehmens in die Rolle des Finanzierungsnehmers, während der Exporteur gemeinsam mit dem Finetrader ein Komplettpaket aus Warenlieferung und Finanzierung anbietet. Gerade für Kunden, die aufgrund der dortigen Bankeninfrastruktur in ihrem Land Finanzierungen nur zu erschwerten Bedingungen oder ungünstigen Konditionen erhalten, erleichtert die mitgelieferte Finanzierungslösung die Realisierung des Handelsgeschäfts.

Nicht nur dem ausländischen Kunden, sondern auch dem Exporteur kann das Einbeziehen eines Finetraders Vorteile bringen. Viele mittelständische Unternehmen sind zwar international aktiv, können jedoch aufgrund ihrer personellen Kapazität nur für die wichtigsten Exportländer wie etwa die EU-Staaten oder die USA eigene Expertisen aufbauen. Bei Exporten in exotischere Länder kann bei Lieferung auf offene Rechnung die Bonität des Kunden oft nur schwer eingeschätzt werden, und auch mit der Abwicklung der Exportformalitäten sind viele Mittelständler in solchen Fällen nicht vertraut. Wenn der Finetrader seinen Sitz in Deutschland hat, wird für den Exporteur das Auslands- zum Inlandsgeschäft – mit der Folge, dass der Finetrading-Partner die Bonität des im Ausland ansässigen Abnehmers prüft und die Exportabwicklung übernimmt. Auf diese Weise lässt sich im Bedarfsfall externes Know-how nutzen für Länder, zu denen das Unternehmen bislang noch über keine Exporterfahrung verfügt.

Generalexport mit Finetrading: Im Huckepackverfahren neue Märkte erschließen

Aufgrund der breitgefächerten Kontakte im Ausland ist es nicht außergewöhnlich, dass ein Finetrading-Unternehmen weitere exportbezogene Dienstleistungen anbietet. Dazu kann etwa die Tätigkeit als Generalexporteur zählen. Dabei sammelt der Finetrader Bestellungen eines Abnehmers aus einem bestimmten Land, bündelt sie zu einem Gesamtauftrag und schreibt die einzelnen Auftragsbestandteile an deutsche Unternehmen aus.

Dieses Verfahren bietet mittelgroßen und kleinen Betrieben die Möglichkeit, mit kleineren Exportaufträgen in neuen Absatzmärkten Fuß zu fassen – und dies mit einem Aufwand, der mit der Abwicklung eines Inlandsauftrags vergleichbar ist. Denn: Der Generalexporteur tritt im Inland als Käufer der Produkte auf, organisiert den Transport und den Verkauf an den ausländischen Abnehmer und stellt diesem auf Wunsch für das Gesamtpaket eine Finetrading-Finanzierung zusammen.

Konform mit den Vorschriften des Islamic Banking

Angesichts der regen Handelsbeziehungen zu Staaten des islamischen Kulturkreises stellt sich für exportierende Unternehmen, die ihren Kunden im Nahen oder Mittleren Osten eine Finanzierung mit anbieten, die Frage nach der Konformität des Finanzierungsmodells mit dem islamischen Wertekanon. Im Mittelpunkt steht dabei das Zinsverbot, das in der islamischen Rechtsordnung – der Scharia – verankert ist. Klassische Finanzierungen, bei denen von einer Bank ein Kredit gegen Zinszahlung gewährt wird, scheiden ebenso wie Spekulations- oder Wettgeschäfte für Unternehmen aus, die ihre Geschäfte nach den ethischen Werten des Islam führen. Ein Finetrading-Unternehmen ist indes keine Bank, sondern ein Zwischenhändler, und die Finanzierungskosten errechnen sich aus der Differenz zwischen Ankaufsund Verkaufspreis des Finetraders. Damit verkörpert Finetrading ein echtes Handelsgeschäft, das nach den Regeln der islamischen Rechtsprechung zu den erlaubten Geschäften zählt. Wer als Exporteur seinem muslimischen Kunden eine Finetrading- Finanzierung anbietet, hat somit gute Chancen, dass dieses Modell als „halal“ – also nach islamischem Recht als zulässig – erklärt wird.

Fazit: flexibler und mittelstandsfreundlicher Finanzierungsbaustein

Der einfache Grundaufbau und die hohe Anpassungsfähigkeit bei der Vertragsgestaltung machen Finetrading zu einer flexiblen und vielseitig verwendbaren Finanzierungsform für die internationalen Warengeschäfte mittelständischer Unternehmen. Dazu kommen die kurzen Entscheidungswege bei der Finanzierungsgenehmigung, die dafür sorgen, dass unternehmerische Entscheidungen innerhalb kurzer Zeit auf eine solide Finanzierungsbasis gestellt werden können. Wie bei anderen Finanzierungsformen gilt auch beim Finetrading, dass nicht jeder Verwendungszweck abgedeckt werden kann. Doch als Ergänzung zu Bankkrediten und weiteren Finanzierungsformen ist Finetrading für viele mittelständische Unternehmen vor allem dann sinnvoll, wenn es um die unkomplizierte Finanzierung internationaler Aktivitäten geht.

Quelle: Außenwirtschaft Jahrbuch 2016